Norco im Test: In den Sümpfen Louisianas
Norco ist das neueste (und bislang einzige) Spiel des US-amerikanischen Indie-Entwicklers Geography of Robots. Das Point-and-Click-Adventure in Retro-Pixel-Grafik erzählt eine erwachsene und sehr emotionale Geschichte über Verlust und Verfall und ist dabei irgendwie auch sehr politisch. Ob die Rechnung aufgeht, erfahrt ihr hier in unserem Test zu Norco.

Foto: Raw Fury
Norco schickt euch in eine düstere Vorstadt von New Orleans im US-Bundesstaat Louisiana. Gierige Konzerne beuten die Landschaft, die Menschen und ihre Gesundheit aus. Raffinerien verdunkeln den Himmel, Überschwemmungen infolge von immer wiederkehrenden Hurrikans zerstören die Häuser und die wenigen Besitztümer der Menschen, die hier am Rande der Existenz leben, im Stich gelassen von den Mächtigen. Eigentlich habt ihr die Flucht ergriffen, doch der tragische Tod eurer Mutter führt euch zurück in eure Heimat, wo ihr euch den Geistern der Vergangenheit und neuen Herausforderungen stellen müsst.
Inhalt
- Die Geschichte
- Das Spielprinzip
- Das Besondere an Norco
- So schlägt sich das Spiel im Test
- Test-Fazit zu Norco
- Test-Wertung
- Weitere Informationen zu Norco
Die Geschichte
Zu Beginn erzählt euch Norco, wer ihr seid, was ihr in den letzten Jahren erlebt habt, während ihr quer durch die Vereinigten Staaten von Amerika gereist seid (oder vielleicht besser gesagt: geflüchtet seid) und warum ihr euch jetzt schweren Herzens auf den Heimweg nach Louisiana begebt.
Ihr seid Kay und lebt in einer halbfiktiven Zukunft, die weniger wie eine Verheißung als vielmehr wie ein langsames Ende der ganzen Welt erscheint. So düster wie die heruntergerockten Straßen der Vorstadt ist eure Laune im Zwielicht der verfallenden Bretterbuden. In den Sümpfen fließt kein Wasser mehr, sondern ölgesättigte, tödliche Brühe. Die Raffinerie vergiftet die Menschen. Die Gier der Konzerne kennt keine Gnade vor den einfachen Leuten.
In der Kneipe am Eck hängen verlotterte Gestalten herum, die euch weder bereitwillig helfen noch überhaupt irgendwelche tröstenden Worte für euch haben. Ein Todesfall in der Familie zwingt euch zur Auseinandersetzung mit eurer Vergangenheit und damit, wer ihr seid. Euer Bruder, dem ihr keine gute Schwester wart, ist verschwunden. Niemand weiß, wo er ist. Ihr begebt euch auf die Suche, die mehr und mehr zu einer Suche nach euch selbst und einer Sinnfrage nach den Geheimnissen der Welt wird.

Foto: Raw Fury
Mit euren Fragen wandert ihr durch die Vorstädte von New Orleans, durch die Sümpfe, die Raffinerie und euer Zuhause. Nach und nach lernt ihr Menschen, Tiere und Roboter kennen und findet Verbündete in alten Bekannten. Eure Reise führt euch unter die Brücken des Highways, in schmierige Läden und an die stinkenden Ufer des trüben Wassers. Ihr kämpft mit Erinnerungen und blickt sorgenvoll in die Zukunft. Von Beginn an macht euch Norco klar: Es ist unwahrscheinlich, dass sie viel Gutes für euch bereithält.

Foto: Raw Fury
Mit dem Fortschreiten der Handlung von Norco entdeckt ihr, dass eure Fragen in einem größeren Zusammenhang stehen. Ihr lernt nicht nur eure eigene Person besser kennen, sondern erfahrt auch immer mehr über die letzten Tage eurer Mutter und welchen unerträglichen Wahrheiten sie auf der Spur war.
Das Spielprinzip
Norco steuert sich wie ein klassisches Point-and-Click-Adventure, denn es ist genau das: ein klassisches Point-and-Click-Adventure. Gelegentlich wird das Geschehen etwas aufgelockert, wenn ihr beispielsweise kämpft oder mit eurem Kuscheltier um die Wette starrt. Dann müsst ihr unter Zeitdruck Muster erkennen und nachmachen oder im richtigen Moment auf sich schließende Kreise klicken. So einfach diese Elemente sind, sie haben mir tatsächlich Spaß gemacht und für die nötige motorische Aufregung gesorgt, die mich beim Spielen durchgehend bei Laune hielt.
Norco lebt von seinen ausdrucksstarken Texten, die euch durch die Welt führen, die eure Geschichte erzählen und die euch mehr über die Wesen erzählen, die euch auf eurem Abenteuer begegnen. Darunter euer altes Kuscheltier, der geheimnisvolle Roboter eurer Mutter und die Katze aus dem Buchladen.

Foto: Raw Fury
Ihr steuert das Spiel aus verschiedenen Perspektiven und in unterschiedlichen Zeitebenen. So erlebt ihr zum Beispiel einige Abschnitte allein, dann folgen euch ein paar Begleiter, wie der oben genannte Roboter. Oder ihr folgt den Lebenswegen eurer Mutter in der Vergangenheit, löst Rätsel und findet Wege durch die Erzählung.
Die Spielwelt von Norco ist auf viele einzelne Schauplätze verteilt, die sich in unterschiedlichen Bereichen der Welt befinden. Per Motorrad oder per Taxi könnt ihr eine Art von Schnellreise über den Highway zu weiter entfernt liegenden Schauplätzen machen.
Die Steuerung ist abwechslungsreich und an manchen Stellen für ein Point-and-Click-Adventure recht unkonventionell. Während ihr beispielsweise im Publikum eines Puppentheaters seid, könnt ihr die Handlung des Stücks selbst verfolgen, indem ihr ein kleines Schiff durch die Buchten und Sümpfe Louisianas steuert.
Das Besondere an Norco
Was machst du hier? Das würde ich auch gerne wissen. Der Skater vor der City Hall von New Orleans lehnt am Treppengeländer. Er beobachtet Leute, die ins Gebäude gehen. Ohne jegliche Eile schaue ich mir die Fassade des großen Gebäudes an. Es ist dunkel. Einlass erhalte ich keinen. Wir sind alle verloren in einer Welt, die nicht zu erkennen gibt, was ihr Sinn ist, wohin uns ihre Richtung führt.
Norco zieht uns in seinen Bann, während wir uns mit den aufs Wesentliche reduzierten Fragen des Lebens und der Existenz beschäftigen. Woher kommen wir, wohin gehen wir und was soll das alles? Es gelingt dem Spiel im Test dabei immer wieder, so viel Spannung zu erzeugen, dass man weiterspielen will, so viel Atmosphäre zu schaffen, dass man das Spiel nicht mehr beenden will. Noch eine Fahrt über den Highway, noch ein Besuch in der schäbigen Bar. Hypnotisch sind die Geräusche, die von den Entwicklern eingesetzt werden, um das fehlende Voice-Acting zu ersetzen. Ich finde, das ist richtig gut gelungen. Nichts fehlt.
Es sind die vielen kleinen Schönheiten, die Norco zu einem besonderen Erlebnis werden lassen. Der traurige, ruhige Ton der Erzählung. Das Gefühl, in einer Welt zu sein, deren Geheimnisse noch lange nicht ergründet sind.
Der Schauplatz der Sümpfe Louisianas und die bunte, dunkle Stadt New Orleans sind perfekt gewählt, um diese Geschichte zu erzählen, ihr einen Rahmen zu geben. Irgendwo zwischen True Detective und Monkey Island können wir lange nicht genug von diesem Abenteuer haben.
So schlägt sich das Spiel im Test
In unserem Test zeigt sich, dass Norco ein richtig gutes Spiel geworden ist. Die düstere Stimmung ist packend und die geheimnisvolle Story wunderbar erzählt. Die einzelnen Schauplätze sind schön gestaltet und unterstützen die Atmosphäre auf wunderbare Art und Weise. Dabei wirkt die Geschichte stets gut durchdacht und ist für ein erwachsenes Publikum auf reife Art erzählt.
Offizieller Trailer von Norco
Es ist klar, die Pixelgrafik muss man mögen, sonst wird man mit Norco keine Freude haben. Aber in sich ist der Grafikstil absolut stimmig und stört das Spielerlebnis in keinster Weise. Die Steuerung geht gut von der Hand, die Menüs und Bedienelemente sind sehr übersichtlich und nachvollziehbar gestaltet. Einzig bei der Steuerung mit dem Controller ist der Cursor manchmal zu langsam oder man trifft nicht die richtigen Dinge auf dem Bildschirm. Das ist auch das, was mich beim Spielen am meisten geärgert hat, weil ich diese Art von Spiel gerne weit zurückgelehnt mit dem Controller im Sessel spiele.
Dass das Voice-Acting fehlt, tut der Stimmung von Norco keinerlei Abbruch, weil das Grummeln der Figuren – oder wie man das auch immer nennen mag – so cool umgesetzt ist, dass es viel von der schrägen Atmosphäre trägt. Die (einfache) musikalische Untermalung ist gut gelungen und der Umfang passt auch, gemessen am in der Regel sehr günstigen Preis, zu dem Norco zu haben ist.
Test-Fazit zu Norco
Norco ist für uns eine klare Empfehlung, wenn ihr Point-and-Click-Adventure mögt und mit der Pixelgrafik etwas anfangen könnt. Die Geschichte, die Norco erzählt, ist für uns eine der interessantesten und besten Videospielgeschichten der jüngeren Zeit. Insbesondere für ein erwachsenes Publikum ist toll, dass es keine Cringe-Momente gibt und schwierige Themen mit dem nötigen Anspruch behandelt werden. Inhaltlich ist Norco dabei irgendwo zwischen Detektivgeschichte, Mystery und Familiendrama angesiedelt.
Wir freuen uns in jedem Fall sehr darauf, wenn wir von den Entwicklern von Geography of Robots in der Zukunft noch mehr tolle Spiele spielen können.
Test-Wertung
Getestetes Spiel: | Norco |
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Zusammenfassung: | Toll erzähltes Adventure, das mit einer dichten Atmosphäre und gut umgesetzter Pixel-Grafik punktet. |
Autor: | Simon Rucker |
Bewertung: | 4 (von 5) |
Weitere Informationen zu Norco
Veröffentlichungsdatum: 24. März 2022
Entwickler: Geography of Robots aus den USA
Publisher: Raw Fury aus Schweden
Genre: Point-and-Click-Adventure
Spielzeit: ungefähr 6 Stunden
Link zum Spiel bei Steam