Slay the Princess im Test: Ein verstörender Auftrag

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Mit der Visual Novel Slay the Princess beweist Black Tabby Games eindrücklich, wie viel Kraft in einer einfachen Erzählung stecken kann. Sie nimmt euch mit auf eine verstörende Reise durch eine Zwischenwelt, in der ihr nur einen einzigen Auftrag zu erledigen habt: Ihr sollt die Prinzessin töten. In unserem Test zu Slay the Princess erfahrt ihr, was die Visual Novel richtig gut macht und wie uns das Abenteuer insgesamt gefallen hat.

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Foto: Black Tabby Games

Während wir in Videospielen in der Regel den Auftrag verfolgen, eine Prinzessin vor dem Tod oder einem ähnlich unheilvollen Schicksal zu bewahren, schickt uns Slay the Princess – der Titel des Spiels lässt es vermuten – auf die Mission, die Prinzessin zu töten. Warum? Weil sonst das Ende der Welt droht. Nur soviel verrät uns der Erzähler zunächst. Und wir wiederum verraten euch in unserem Test, wie das Spiel funktioniert und wie es uns gefallen hat.

Inhalt

Die Geschichte von Slay the Princess

Es ist dunkel. Ihr findet euch in einem Wald wieder. Der Erzähler gibt euch einen einzigen Auftrag: Tötet die Prinzessin. Sonst droht das Ende der Welt. Auf eure Fragen, warum und wieso, gibt er keine Antwort, hält euch im Vagen und Ungewissen. Ihr beschreitet den Pfad in Richtung einer Hütte, Licht dringt aus den Fenstern ins Dunkel. Doch wem könnt ihr vertrauen?

Im Screenshot ist die Hütte der Prinzession zu sehen

Foto: Black Tabby Games

Drinnen: ein Tisch, auf dem ein Messer liegt. Eine Tür, die hinabführt in den Keller. Dort unten: die Prinzessin, in Ketten gelegt.

Ihr seid auf euch allein gestellt, ihr müsst die Fragen der Moral und des Gewissens für euch beantworten. Und ihr begebt euch im Dialog mit der Prinzessin, dem Erzähler und den Stimmen aus eurem Inneren auf einen Trip, der es in sich hat.

In teils verstörenden Bildern wird euer Ringen, euer Kampf mit der Prinzessin und mit eurem Schicksal erzählt. Ihr kommt einen Schritt vorwärts, scheitert, müsst von Neuem beginnen. Ihr fühlt Leere, Angst und Verzweiflung. Merkt, wie ihr zu immer mehr bereit werdet, eure Skrupel allmählich verschwinden, um endlich, endlich dem hoffnungslosen Kreislauf zu entkommen.

Das Spielprinzip

Slay the Princess spielt sich ganz wie zu erwarten von einer Visual Novel. Ihr klickt euch größtenteils linear durch verschiedene Schauplätze und wählt zwischen unterschiedlichen Textbausteinen aus, die eure Handlung bestimmen und die Dialoge gestalten.

Im Bild ist eine Prinzessin in einem Kerker zu sehen

Foto: Black Tabby Games

Speichern könnt ihr zu jedem beliebigen Zeitpunkt im Spiel. Allerdings machen wir im Test von Slay the Princess die Erfahrung, dass wir selten laden. Führen eingeschlagene Wege nicht zum Ziel, gelangt ihr nicht an ein Game Over, sondern werdet an den Start des Spiels zurückgesetzt. Teilweise schreiten die Kapitel voran, teilweise erreicht ihr wieder komplett den Anfang – allerdings um die Erfahrung und einige Wahlmöglichkeiten reicher als bei eurem vorangegangenen Durchlauf.

So tastet ihr euch allmählich voran in der packenden Geschichte, fühlt gleichzeitig die Verwzeiflung und Hoffnungslosigkeit eures Unterfangens, das euch mehr und mehr mit dem Schicksal der Prinzessin verbindet.

Die Präsentation von Slay the Princess

Was Slay the Princess wirklich herausragend gelingt, ist der Stil der Präsentation. Die handgezeichneten Szenen sind richtig großartig und voller düsterer Atmosphäre. Die Transformationen der Prinzessin, die vage Darstellung von euch selbst und die Schrecken der verschiedenen Stadien eures Trips sind hervorragend umgesetzt. Allein deshalb ist Slay the Princess ein Fest für alle Freunde des gehobenen Stils.

Ein Skelett liegt auf dem Boden eines Kerkers. Es trägt die Kleidung einer Prinzessin.

Foto: Black Tabby Games

Sehr cool ist auch die musikalische Untermalung. Melancholische Pianoklänge tragen viel zur surrealen, beklemmenden Stimmung des Spiels bei. Die ferne Melodie der Prinzessin begleitet euch durch die Leere des endlosen Raumes, während ihr das Gewicht der puren Existenz fühlt.

So schlägt sich das Spiel im Test

Die Dialoge eurer Gespächspartner sind vollständig vertont. Das Voice Acting des britischen Sprechers ist sehr gut. Die Prinzessin hat ebenfalls eine eigene Stimme, die wunderbar vertont ist. Was uns im Test ein wenig stört, ist die mangelnde Unterscheidbarkeit der inneren Stimmen. Zum einen können wir sie untereinander nicht so gut auseinanderhalten, zum anderen auch nicht vom Erzähler unterscheiden, da alle vom gleichen Sprecher gesprochen werden.

Das führt dazu, dass wir oft auf die Untertitel schauen müssen, weil nur dort ersichtlich ist, wer gerade spricht. Übrigens: Wer nicht richtig gut Englisch beherrscht, muss in den Untertiteln mitlesen, denn die Sprache ist häufig gar nicht so einfach und das Spiel gibt es nicht in Deutsch.

Durch Klicken lassen sich Dialoge abkürzen – ein Weg, den wir im Test insbesondere im späteren Velauf des Spiels häufiger verwenden. Vor allem, wenn wir Dialogpfaden folgen, die wir in vorherigen Durchläufen bereits beschritten haben.

Offizieller Trailer von Slay the Princess

Richtig glänzen tut Slay the Princess, wenn es seine rauschhafte Sogwirkung entwickelt. Das funktioniert an ein paar Stellen des Spiels wahnsinnig gut. Ich sage nur: Heart, Lungs, Liver, Nerves, Heart, Lungs, Liver, Nerves …

Der Umfang von Slay the Princess mag für den Preis von knapp 20 € etwas wenig erscheinen – wir haben für unseren ersten Durchlauf knapp drei Stunden benötigt. Uns ist aber grundsätzlich Qualität immer wichtiger als Quantität, deshalb sehen wir darüber einigermaßen gerne hinweg. Außerdem versprechen weitere Durchläufe noch viele, bisher verborgene Wege und wir vermuten, dass wir noch viel mehr tolle Zeit im Spiel verbringen können.

Test-Fazit zu Slay the Princess

Slay the Princess ist ein gut inszenierter Trip in die finsteren Abgründe unserer Moralvorstellungen. Die fragmentarisch erzählte Geschichte ist äußerst gut geschrieben und gut vertont. Die Gestaltung der Spielwelt, auch wenn sie im Grunde nur aus einer überschaubaren Anzahl an Szenen besteht, ist ausgezeichnet gelungen.

Die kleineren Kritikpunkte fallen für das Gesamterlebnis des Abenteuers nicht weiter ins Gewicht. Wenn ihr Lust habt, euch auf eine Visual Novel einzulassen, die etwas unkonventionell erzählt ist, dabei aber stilsicher und fesselnd präsentiert wird, dann ist das Spiel ein echter Geheimtipp.

Test-Wertung

Getestetes Spiel:Slay the Princess
Zusammenfassung:Slay the Princess ist ein verstörender Trip durch eine rätselhafte Zwischenwelt, in der ihr euch existenziellen Fragen und ihren unbequemen Antworten stellen müsst.
Autor:Simon Rucker
Bewertung:4 (von 5)

Weitere Informationen zu Slay the Princess

Veröffentlichungsdatum: 23. Oktober 2023
Entwickler: Black Tabby Games aus den USA/Kanada
Publisher: Black Tabby Games aus den USA/Kanada
Genre: Visual Novel
Spielzeit: ungefähr 4 Stunden
Link zum Spiel bei Steam