Beacon Pines im Test: Schaurig schönes Märchen
Die schaurig schöne Visual Novel Beacon Pines ist nicht nur exzellent geschrieben, sondern verzaubert auch mit ihrer liebevollen Spielwelt. Obwohl sie das geheimnisvolle Abenteuer dreier Kinder erzählt, ist sie ohne Zweifel auch für erwachsene Gamer geeignet. Dafür sorgen neben dem melancholischen Grundton zum einen die Auseinandersetzung mit ernsten Themen und zum anderen die ausgesprochen gut gelungenen Charaktere. In unserem Test zu Beacon Pines erfahrt ihr, wie sich das Spiel anfühlt und für wen es geeignet ist.

Foto: Fellow Traveller
Beacon Pines wirkt mit seiner niedlichen Tierchenoptik auf den ersten Blick wie ein kleines Abenteuer für junge Gamer. Doch weit gefehlt. Wer sich als Erwachsener auf die Geschichte des jungen Luka einlässt, wird mit einer überraschend gut geschriebenen und ausgeklügelten Geschichte über Verlust, Freundschaft und die bösen Machenschaften der Mächtigen überrascht. Dazu kommt, dass die Spielwelt von Beacon Pines bis ins kleinste Detail wunderschön gestaltet ist und zum Entdecken, Verweilen und Wiederkommen einlädt.
Inhalt
- Die Geschichte von Beacon Pines
- Die Erzählerin
- Das Spielprinzip
- Verzweigungen
- Die Steuerung von Beacon Pines
- So schlägt sich das Spiel im Test
- Test-Fazit zu Beacon Pines
- Test-Wertung
- Weitere Informationen zu Beacon Pines
Die Geschichte von Beacon Pines
In Beacon Pines übernehmt ihr die Rolle des kleinen Luka VanHorn, einem zwölfjährigen Jungen. Ihr findet euch zum Einstieg auf einer Lichtung unter einem großen alten Baum wieder, am Grab eures Vaters, den ihr schmerzhaft vermisst. Und zu allem Unglück ist vor einigen Monaten eure Mutter verschwunden, niemand weiß, wo sie ist.
Der einzige Lichtblick in eurem traurigen Dasein ist euer treuer Freund Rolo, mit dem zusammen ihr ein Baumhaus im Wald gebaut habt. Um sich um euch zu kümmern, ist eure Großmutter nach Beacon Pines gezogen und lebt nun mit euch im Haus eurer Eltern.
Sonderbare Dinge geschehen in der jüngeren Zeit in einem verlassenen Lagerhaus am Stadtrand. Ihr beschließt, eines Nachts zusammen mit Rolo herauszufinden, was es mit dem seltsamen Leuchten aus dem Inneren des Lagerhauses auf sich hat. Insgeheim hofft ihr, dabei auch etwas über den mysteriösen Verbleib eurer Mutter herauszufinden.

Foto: Fellow Traveller
Und schon seid ihr mitten in eurem Abenteuer. Denn es stellt sich heraus, dass im verlassenen Lagerhaus geheimnisvolle Dinge vor sich gehen und ihr in Lebensgefahr seid. Bald schon trefft ihr Beck, die eine neue Freundin wird. Ihr rechnet mit Rivalen ab und knüpft neue Verbindungen.
Die Geschichte von Beacon Pines wird auf zwei Ebenen erzählt. Zum einen spielt und steuert ihr in Echtzeit Lukas Figur durch die Stadt und deren Umgebung. Und zum anderen lest ihr ein interaktives Buch, in dem ihr gelegentlich einzelne Worte einsetzt, um den Verlauf der Handlung zu beeinflusssen.
Die Erzählerin
Der Text des Buchs wird von einer Erzählerin vorgelesen, die auch immer wieder erzählend aus dem Hintergrund die Handlung vorantreibt. Während ihr durch die Welt von Beacon Pines wandert, könnt ihr mit vielen Bewohnern der Stadt sprechen.
Der gesamte Text der Erzählerin ist mithilfe von sehr gut umgesetztem Voice Acting erzählt und zusätzlich auch als Text vorhanden. Die einzelnen Dialoge sind nicht vertont, allerdings werden die Stimmen und Stimmlagen der verschiedenen Personen durch charakteristische Geräusche vertont, ähnlich der Methode, die auch im Point-and-Click-Adventure Norco verwendet wird. Das trägt erheblich zur Atmosphäre bei und so stört es im Test nicht weiter, dass die Dialoge nicht vollständig vertont sind.
Das Spiel gibt es derzeit nur auf Englisch. Ich persönlich komme beim Testen des Spiels mit dem Text klar – auch wenn mein Englisch nicht gerade verhandlungssicher ist. Gelgentlich verwendet Beacon Pines Fantasiebegriffe, die nicht sofort verständlich sind, sich zumeist aber aus dem Zusammenhang erschließen lassen. Komme ich mal nicht 100 Prozent weiter beim Verständnis, schaue ich einzelne Wörter parallel nach, was angesichts der niedrigen Geschwindigkeit des Spiels kein größeres Problem ist.
Die Dialoge sind sehr gut geschrieben und die Stimme der Erzählerin trägt die starken Emotionen, die das Spiel von seinem Anfang bis zu seinem Ende vermittelt, äußerst gut.
Das Spielprinzip
Beacon Pines ist eine Visual Novel und dabei weder Rollenspiel noch Adventure. Es gilt hier keine Rätsel zu lösen und keinen Charakter zu formen. Und – was angesichts der coolen Erzählweise wichtig zu erwähnen ist – auch keine großen Freiheiten, den Verlauf der Handlung zu bestimmen. Anders, als es auf den ersten Blick wirkt, ist das Spiel nämlich recht linear. Ich persönlich mag das ganz gerne, denn zu viele Optionen, Wege und Ungewissheiten erschlagen mich recht schnell und dann fühlt sich das Spielen wie arbeiten an und dann kann ich auch gleich arbeiten, denn dann verdiene ich wenigstens Geld

Foto: Fellow Traveller
Dialoge haben in Beacon Pines keine Dialogoptionen. Mit einem Druck auf den Controller-Knopf könnt ihr einzig und allein steuern, wie schnell es im Dialog weitergehen soll. Auch, wohin euch euer Weg durch die Spielwelt von Beacon Pines als nächstes führen soll, ist meistens recht genau vorgegeben, das Quest-Log einzig und allein dazu da, euch zur nächsten Szene zu führen. Insgesamt ist die Spielwelt auch nicht besonders groß, die meisten der Schauplätze habt ihr in der ersten halben Stunde des Spiels gesehen.
Das macht aber alles nichts, denn umso entspannter ist das Spielerlebnis und umso besser könnt ihr euch im Sessel zurücklehnen und euch mehr und mehr auf die Geschichte konzentrieren. Und die hat es in sich. Jede weitere Inhaltsangabe wäre hier schon zu viel Spoiler, deshalb nur so viel: Beacon Pines erzählt in vollendeter Form eine Geschichte von Freundschaft, von Verlust und von Hoffnung. Das alles macht das Spiel auf so zauberhafte Art und Weise, dass man sich einfach nur darüber freuen kann und sich manchmal eine klitzekleine Träne wegreiben muss.
Verzweigungen
Der Clou am Spielprinzip von Beacon Pines ist die verzweigte Erzählweise. Je nachdem, wie ihr euch an den einzelnen Wendepunkten der Geschichte entscheidet, schreitet ihr in der Handlung voran. Die meisten der Wege führen zu einem frühzeitigen Game Over. Ziel des Spiels ist es, den Weg zu finden, der zu einem abschließenden Ende führt. Die Menge eurer Entscheidungsmöglichkeiten wird durch Abzeichen limitiert, die ihr an bestimmten Punkten des Spiels erhaltet.
Wenn ihr an einem Game Over ankommt, habt ihr in der Regel auf dem Weg dorthin neue Abzeichen gesammelt, mit denen ihr zu einem vergangenen Entscheidungspunkt zurückkehren könnt, wo euch nun mehr Optionen zur Verfügung stehen.
Dieses Spielprinzip ist richtig genial, weil ihr auf den unterschiedlichen Wegen, die euch zu verschiedenen Schicksalen führen, jeweils andere Aspekte der Spielwelt und der Erzählung erfahrt, die von den Autoren der Geschichte kunstvoll zusammengeführt werden. So etwas habe ich noch nie gespielt und es hat mir im Test von Beacon Pines richtig, richtig gut gefallen.
Die Steuerung von Beacon Pines
Die Steuerung von Beacon Pines ist sehr einfach. Im Grunde steuert ihr Luka mit dem Controller von oben gesehen durch eine Spielwelt, die aus verschiedenen Einzelansichten besteht (also nicht mitscrollt). Manche der Häuser könnt ihr betreten und darin herumlaufen – manchmal auf mehreren Stockwerken. An einigen Stellen könnt ihr Gegenstände aufheben und damit rudimetäre Rätsel lösen. Aber nochmal: Beacon Pines ist kein Rätselspiel.
Ihr habt ein Inventar, das nur dazu da ist, die Abzeichen zu sammeln, die ihr im Lauf der Handlung erhaltet und die als Grundlage für eure Entschiedungsmögllichkeiten dienen. Das erweckt den Anschein, das Spiel sei nichtlinear. Dieser Anschein täuscht aber größtenteils, wie oben erwähnt.
Das Spiel setzt euch nie unter Zeitdruck und speichert automatisch. Kommt ihr zu einem Game Over, habt ihr stets die Möglichkeit, eure vergangenen Entscheidungen zu überdenken. Das macht das Ganze zu einem sehr ruhigen und entspannnten Spielerlebnis.
So schlägt sich das Spiel im Test
Die gesamte künstlerische Gestaltung von Beacon Pines ist extrem stilsicher umgesetzt. Sowohl die faszinierende Gestaltung der Spielwelt als auch das großartige Voice Acting und die gesamte audiovisuelle Präsentation überzeugen auf ganzer Linie.
Die musikalische Untermalung ist über das gesamte Spiel hinweg richtig gut gelungen. Wird das Spielgeschehen emotionaler oder dramatischer, passen sich Stimmung, Geschwindigkeit, Tonlage und Lautstärke der jeweiligen Situation an, was einen großen Reiz der Atmosphäre ausmacht. Die einzelnen Msuikstücke des Spiels sind wunderschön und man hört sie gerne immer wieder.
Die Spielmechanik mit den Abzweigungen und der verästelten Geschichte, die sozusagen mehrere Realitätsebenen erzeugt, gefallen uns im Test richtig gut und sind in der Welt des Gamedesigns in dieser Art nicht häufig zu finden.
Offizieller Trailer von Beacon Pines
Das Spiel weckt große Emotionen. Besonders die Szene an der Quelle in der vereisten Stadt, in der wir uns zwischen dem Leben unseres Freundes und der Rettung der Stadt entscheiden müssen, wirkt nach. Auch, als wir die traurige Melodie summen, die wir immer gemeinsam mit unserer Mutter am Abend gesummt haben, blieb keines unserer Augen trocken. Und ist es nicht das, was große Videospielerlebnisse auszeichnet? Dass sie es schaffen, unsere Emotionen zu aktivieren? Ein Kunststück, das den meisten gigantischen Open Worlds heutzutage nicht mehr gelingt. Ein Kunststück, das Beacon Pines aber spielerisch beherrscht.
Test-Fazit zu Beacon Pines
Unter dem Strich ist Beacon Pines eine herausragende Visual Novel. Unsere Punktzahl von 4 soll also vor allem vor dem Anspruch verstanden werden, ein Spiel zu sein. In der Disziplin Spielmechanik (und damit auch dem Spielspaß) tun sich Visual Novels erwartungsgemäß schwer. Die Spielmechanik ist im Wesentlichen „Drücke Knopf“. Ok, klar, dass man das irgendwie allen Spielen (außer vielleicht in der VR) vorwerfen kann, nämlich dass ihre Spielmechanik nur „Drücke Knöpfe“ ist. Aber bei Visual Novels wird das eben ins Extrem geführt.
Versteht mich also bitte nicht falsch: Würden wir hier nur Visual Novels testen, könnte ich mir vorstellen, Beacon Pines eine volle Punktzahl zu geben. Da wir hier aber Spiele testen, geben wir diesem Spiel hier eine 4 von 5 und die folgende ermutigende Botschaft dazu: Wenn ihr gerne Visual Novels spielt, dann holt euch Beacon Pines! Denn hier habt ihr es mit einer wahnsinnig liebevollen, einzigartigen und unvergesslichen Geschichte zu tun.
Test-Wertung
Getestetes Spiel: | Beacon Pines |
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Zusammenfassung: | Die schaurig schöne Visual Novel Beacon Pines ist nicht nur exzellent geschrieben, sondern verzaubert auch mit ihrer liebevollen Spielwelt. |
Autor: | Simon Rucker |
Bewertung: | 4 (von 5) |
Weitere Informationen zu Beacon Pines
Veröffentlichungsdatum: 22. September 2022
Entwickler: Hiding Spot Games aus den USA
Publisher: Fellow Traveller aus Australien
Genre: Visual Novel
Spielzeit: ungefähr 6 Stunden
Link zum Spiel bei Steam